Montag - Samstag, 11. - 17.6.2018
Piombino - Montepulciano - Pienza - Buenconvento
Von Piombino aus folgen wir wieder der Via Aurelia Richtung Süden. Helge möchte
unbedingt südlich von Grosseto den Guardino dei Tarocchi von Niki de Saint-Phallus
besichtigen.
Die schon 2002 im Alter von 71 Jahren verstorbene Künstlerin hat sich, in einem
verschlafenen Olivenhain, ihren Lebensraum verwirklicht.
In surrealistischer Darstellung sind hier die Bilder der Tarok-Karten modelliert. Es finden
sich Polyesterkugel in verschiedenen Grössen mit vielen Glasspittern. So ist die funktionierende Küchenzeile mit farbenfrohen Mosaiken beklebt und das Bad zeigt
Spiegelmosaiken, in welchen die Olivenbäume flirren. Kleine, kunterbunten Figürchen schmücken verschieden große und kleine Wasserbecken.
Ein wahrer Rausch in Farbe und Form, der an die Werke von Gaudi und
Hundertwasser erinnert.
Doch vorher müssen wir erstmal noch tanken und den Luftdruck unserer Reifen
erheblich reduzieren. Bei diesen beschi.....Straßen wird sich dies als erheblicher Ge-
winn an Federungskomfort erweisen.
Nun denn, jetzt sind wir auf der Suche nach diesem geheimnisvollen, oben beschriebenen, Garten.
Trotz Navigation, GPS und Karte finden wir ihn nicht!
Es geht links und rechts, rauf und runter und trotz aller Bemühungen bleibt die Suche
ergebnislos.
So etwas ist mir in meinem langen Mobilistenleben noch nicht passiert.
Ich halte an, sehe Helge an und sie mich. Ihr Blick zeigt mir deutlich, daß auch sie
von der ganzen, ergebnislosen Sucherei die Nase gestrichen voll hat.
Also raus aus dieser Wildnis, bloß raus und ab Richtung Küste.
Es kratzt, schlägt, scheuert, klopft, links, rechts und oben an Hannibals schönem
Silberkleid. Der Fahrweg ist mehr als schmal und die Bäume und Büsche stehen zu
dicht am Fahrbahnrand. So ragen deren Zweige und Äste viel zu weit in die Straße.
Es ist zum Heulen, doch es gibt keinen anderen Weg, wir müssen da durch.
Der Weg ist wirklich nur kurz, doch unter diesen Umständen dauert er mir viel zu lang.
Dann plötzlich öffnet sich der Wald, gibt den Blick frei auf offenes Land. Aufatmend übequeren wir die Via Aurelia und streben eiligst über eine schnurgerade Stichstrasse
Richtung Meer.
Hier finden wir gleich hinter dem Sandstrand und einer hohen Böschung aus Kieferge-
sträuch eine große, grüne Wiese. 100 x 100 m misst diese und nur drei Camper finden
sich darauf locker verteilt. Nachbarn gibt es so keine, dafür gibt's Wasser und eine Entsorgung, sowie eine einfache Dusche für den, der sie benötigt.
Der Platz heißt Marina di Pescia Romana und der Tag kostet € 10,--.
Christl und Rudi treffen kurze Zeit später ein. Helge begibt sich mit den Beiden sofort auf Erkundungstour und ich inspiziere ersteinmal, mit flauem Gefühl im Magen, Hannibals Lack.
Da haben wir wohl nochmal Glück gehabt! Ein paar Striche sind schon vorhanden, doch
diese lassen sich zuhause sicherlich auspolieren.
Also, Markise ausgefahren, Stühle und Tisch aufgestellt und mit einem Glas Campari-
Orange mache ich es mir im Schatten bequem, warte auf die Rückkehr des Erkundungs-
trupps.
Kurze Zeit später kehrt dieser zurück. Die Strandbesichtigung war wohl positiv, denn mir wird sogleich verkündet, daß man hier 2 - 3 Nächte bleiben will. Hoffentlich ich auch!?
Die folgenden Tage vergehen wie im Fluge. Kein Wunder, bei diesem schönen Wetter und dem tollen Strand mit seinem feinen Sand. Wir relaxen und
lassen es uns gut gehen!
Wir rollen wieder. Am Straßenrand tauchen große Werbeschilder auf. Helge ruft da, da, und ich ja, ja, und Sekunden später stehen wir vor dem Verkaufspavillion einer Oliven-
ölmühle.
Wir betreten einen dämmrigen Raum, ausgestattet mit warmem Holz und viel kalter
Fliese. Die Theke darin ist meterlang, die Verkäuferin, eher klein und zierlich, begrüßt
uns mit einem freundlichen Buen Giorno.
Kleine, transparente Kunststoffbecherchen füllen sich kurze Zeit später mit ver-
schiedenen Ölen. Deren Farbe changiert von hell- dunkelgrün, ihr Geschmack ist kräftig
und der Abgang scharf bis sauscharf.
Da in unserem heimischen Küchenregal eher aromatisches, sanftes spanisches oder
kretisches Öl steht, ist die hier kultivierte Olivensorte dann doch nicht unser Ding.
Das bedeutet aber nicht, daß dieses Öl hier minderwertig ist. Es schmeckt uns ja auch
nicht jeder Wein, den andere dagegen ganz hervorragend finden.
Schade, gern hätten wir uns, sozusagen an der Quelle, mit einem kleinen Ölvorrat einge-
deckt.
Jetzt ist es Mittag, der Himmel zieht sich zu, färbt sich am Horizont gar dunkelgrau.
Da ist dann wohl was im Anzug und prompt, kurz vor Sant Fiori fängt es an zu tröpfeln.
Kaum stehen wir im Ort auf einem Parkplatz, öffnet der Himmel alle Schleusen.
Freunde, so etwas von Wolkenbruch habe ich bis dato noch nie erlebt. Hannibal
sammelt auf seiner Dachfläche, immerhin fast 10 qm, ein Menge Wasser.
Er steht nach vorn geneigt und so gurgelt, sprudelt, rauscht und schießt es sturzbachartig über die Windschutzscheibe.
Na prima, so kriegen wir auf diese Weise ganz einfach den Schmutz der vergangenen
Monate von unserem Gefährt.
Sant Fiora ist eine kleine, alte Gemeinde. Bekannt ist dieser Ort in erster Linie durch
ein großes, blaues Fischbecken aus dem 15. Jhrh.
Kleine und große Fische sollen sich darin tummeln - auch Störe soll's da geben.
Wir können das nicht beurteilen. Noch immer regnet es in Strömen und so sparen wir uns diese Attraktivität und fahren weiter.
Es begleitet uns dabei der Monte Amiata, 1.736 m hoch. Stark bewaldet bietet er von
seinem Gipfel wohl eine hervorragende Sicht bis weit ins Land und ans Meer.
Allerdings ist heute sein Haupt von einer dichten, dunklen Wolkenhaube bedeckt.
Von nun an reihen sich die besuchten Orte wie die Perlen auf einer Schnur!
Abbazzia San Salvatore ist ein Kloster aus dem 11. Jhrh. Sehenswert ist die gut erhaltene Krypta.
Pienza besuchen wir um zu übernachten. Mitten im Ort, an einem Krankenhaus, finden
wir einen großen, geteerte, beleuchteten Parkplatz. Wir schließen die Jalousien und
konzentrieren uns auf ein schmackhaftes Abendessen.
Bagno Vignoni liegt im Herzen der südöstlichen Toskana. Ein winziger Ort mit wenigen,
aber anspruchsvoll restaurierten Häusern. Sehr malerisch das Ganze.
Im Ortskern, von diesen Häusern hübsch eingerahmt, entdecken wir ein rechteckiges
mit Thermalwasser gefülltes Schwimmbassin. Hier haben schon die Etrusker und die alten Römer versucht ihr Rheuma zu kurieren.
Seit längerer Zeit schon, ist allerdings das Baden darin verboten. Mailänder Investoren
versuchten daraufhin das Gelände mit einer großen Kurklinik zu "verschönern". Glück-
licherweise konnten die wenigen Dorfbewohner dies verhindern.
Ganz am Rande des Dorfes fällt das Gelände steil abwärts. Hier beginnt der sog. Parco
dei Mulini. Mit dem hier abwärts schießenden Thermalwasser wurden in der Vergangen-
heit verschiedene Mühlen angetrieben. Von den Mühlen ist, ausser verrosteter Schrott,
nicht mehr viel zu sehen.
Jetzt endet der Sturzbach in einem großen Sinterbecken. Die im Dorf verbotene Bade-
möglichkeit gibt's jetzt hier. Allerdings in einem nur noch lauwarmen Wasser.
Wenn's schee macht!
Montalcino liegt hübsch auf einem Bergrücken. Eine Parkmöglichkeiten finden wir noch
einige Meter aufwärts. Der Fußweg ins Dorf, sehr steil abwärts, ist schlecht für unsere
Knie, später aufwärts dagegen gut für unsere Waden.
Heute ist Markt. Da stellt sich doch der Fremde was richtig hübsches, italienisches
vor.
Pustekuchen! Der Markt ist ein wenig trostlos, denn es gibt ausser ein paar Eiern,
Wurst und Käse nur noch einen Haufen billiger Klamotten.
So passt unsere derzeitige Stimmung gut zum Himmel - der ist grau und ungemütlich.
Bei all dem Ungemach, einen Lichtblick gibt's. Montalcino ist weltberühmt für seinen
Rotwein.
Brunello di Montalcino nennt sich der edle Traubensaft. Dieser mundet ganz hervor-
ragend, ist aber in seiner Spitzenqualität nicht unter € 30,-- die Flasche zu kriegen.
Sein kleiner Bruder, der Rosso di Montalcino, ist nur kaum schlechter, aber eine ganze
Ecke günstiger.
Die Straße nach Montecchiello ist ein absoluter "Traum". Acht Kilometer staubige, wellige und unbefestigte Schotterstraße vom Feinsten! Bravo!
Schlechte und noch schlechtere Straßen, hier ein Hügel und da ein Hügel, dort ein Bergdorf und gleich daneben noch eines. Immer wieder eine Zypressenallee mit einem angeschlossenen Gehöft und nicht zuletzt hier ein Feld mit goldschimmernden Ähren und dort eins, jetzt aber braun, durch die frisch gepflügte Erde.
Wiederholung folgt auf Wiederholung und dies erzeugt Langeweile.
So sehnen wir uns nach einem hübschen Übernachtungsplatz und finden ihn in
Montecchiello. Eine kleine Parkfläche zwischen einem guten Dutzend von Besucher-
Pkws. Doch nun ist früher Abend und alsbald verabschiedet sich das Gros der Dorfbe-sucher.
Ruhig ist es jetzt geworden und nur das Zirpen der Zikaden ist noch zu hören.
Montecchiello ist ein malerisches Dorf an einen Hügel gelegt. Voll restauriert und menschenleer. So ist es keine lebendige Gemeinde mehr, sondern einfach ein Museum.
Schade!!
Abbazio Sant' Antimo, ein Zisterzienser-Kloster aus dem 12. Jhrh. Das wäre auch so
ein schöner Aussichtspunkt. Allerdiings entspuppt sich der Platz als ein an der Straße
langlaufender Parkstreifen. Einzige Trennung zur Straße ist eine Buschreihe. Als
Zugabe steht eine ganze Batterie Müllcontainer zur Verfügung. Diese sind übervoll
und so häufelt sich das Mehr an Müll ringsherum.
Helge und ich wenden uns ab und entdecken talwärts einen hellen, ockerfarbenen
Fleck in ansonsten satt grüner Landschaft.
Sant' Antimo!
Wie schon häufig, so haben sich die Klostergründer hier ein wirklich schönes Fleckchen
Erde ausgesucht - ein lauschiger Talkessel von sanften Hügeln umrahmt.
Montepulciano ist mit seinen ca. 15.000 Einwohnern schon eine etwas größere Ge-
meinde hier in der Toskana.
Für eine Besichtigungstour und die Nacht landen wir in einer am Hang gelegenen, staubigen Einbahnstraße. Vor hier aus sollte allerdings der Blick weit ins Land möglich
sein.
Ist er aber nicht! Zwischenzeitlich gewachsene Büsche und Bäume verhindern dies mit großem Erfolg.
So machen wir nur einen kleinen Stadtrundgang, begucken das Rathaus und den
gegenüberliegenden Renaissancebrunnen und ziehen mit Hannibal anschließend auf den offiziellen Stellplatz um.
Dieser ist jetzt nicht staubig, sondern geteert. Aber ziemlich groß und ohne jegliche
Atmosphäre.
Da trifft es sich gut, daß Christl und Rudi uns kontaktieren und mitteilen, sie befänden sich in Chianciano Therme. Der Stellplatz wäre okay und bis dort sind es auch nur wenige Kilometer.
So machen wir uns auf und schlagen wenig später in Chianciamo Therme auf. Das
war wohl mal ein hübscher, terassenförmig angelegter Stellplatz. Zwischenzeitlich
ist er aber ungepflegt und vegammelt. Wasser gibt es keines und die Toilettenentsorgung - naja, italienisch halt!
Egal, bummeln wir halt mal so Richtung Altstadt und kommen dabei auf andere Ge-
danken. Jetzt sitzen wir in der warmen Abendsonne vor einer winzigen Bar. Ein
quirliger Kellner bringt uns den bestellten Rosso di Montalcino und wir sind trotz
mancher Enttäuschung alsbald ziemlich entspannt und mit uns im Reinen.
Die Woche ist vorüber, noch eine Nacht in Buenconvento und dann, endich, werden wir
Siena besuchen.