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Montag - Freitag, 18. - 23.6.2018

Siena - Greve - Friedrichshafen

 

Wir gondeln so gemütlich mit 80 Sachen durch die Landschaft und just in diesem Moment brettert ein Lieferwagen, in einer Geschwindigkeitsbegrenzung, an uns vorbei. Kurze Zeit später nach einer scharfen Kurve, haben sich ihn die Carabinieri gekrallt.

Da haben wir ja mal Glück gehabt!

 

Wir erreichen Siena problemlos. Ein Parkplatz findet sich, da im Vorfeld sondiert, gegenüber einem Park und keine 10 Gehminuten von der Altstadt entfernt.

 

Jetzt überlassen wir uns dem Turistrom, der uns durch die Straßen schiebt.

Backstein wohin das Auge blickt. Sozusagen eine Orgie in rotbraun.

Geschäfte jeglicher Couleur, mit Auslagen für jeden Anspruch und Geldbeutel, reihen

sich links und rechts der schmalen, autofreien Straße.

 

 Momentan geht's an der Konditorei Nannini vorbei, Elternhaus der Rockröhre Gianna. Mit der konnte ich zwar noch nie so viel anfangen, aber diese Süßigkeiten hier, aus Zucker, Mandeln und Nüsssen..... Verlangen steigt in mir hoch, doch bei einem Blick auf meine Taille versiegt dieses so rasch wie es kam.

 

Helge allerdings kann dem Angebot an Zuckergedöns nicht widerstehen. Sie füllt eine wirklich grosse Tüte randvoll, nicht bei Nannini, sondern bei Lindt. Der ist zwar kein Sieneser, aber diese Lindorkugeln findet sie doch "zum neiliege" (schwäbisch) und

damit einfach köstlich.

 

Für Deftigeres könnte der nächste Laden sorgen. Heimisches vom Wildschwein hängt hier von der alten Gewölbedecke. Mächtige Hinterschinken gibt's am Stück oder fein geschnitten und vakuumiert - alles ist möglich.

 

Und dann gibt's natürlich Kunst und Krempel an jeder Ecke als Mitbringsel für die Lieben zuhause.

 

Alles bekannt und austauschbar.

 

Nur diese Piazza in der Stadtmitte, die ist weltweit absolut einmalig. Piazza del Campo nennt sich das Teil, hat eine Kantenlänge von 300 m und ist, muschelförmig wie ein griechisches Theater angelegt. Gesäumt wird das Ganze vom Palazzo Pubblico mit Campanile und vielstöckigen Häuserfassagen im Stil der mittelalterlichen Gotik. Die Renaissance findet sich in Florenz.

 

Dies alles lässt sich am Besten nicht tagsüber, sondern spät in der Nacht geniessen, wenn die Tageshitze und der Tageslärm sich längst davongemacht haben. Dann in der Platzmitte auf dem noch warmen Backsteinboden sitzend, bei einem Glas oder besser einer Flasche Rotwein.

 

Hier auf diesem Platz findet auch 2x jährlich der Palio statt. Das bedeutenste Ereignis in Siena seit dem Mittelalter. Ein Wettstreit der einzelnen Stadtteile, ausgetragen durch ein Pferderennen. Der Platz wird damit zur Arena, Pardon wird nicht gegeben und Unsportlichkeiten gehören dazu, wie das Salz in der Suppe.

 

Wir biegen um eine Ecke und urplötzlich wimmelt es geradezu von Touristen.

 

Wir alle stehen vor dem mächtigen Dom aus weissem und schwarzem Marmor. Allein oder in Grüppchen stehen wir da, mit großen Augen und offenen Mündern, welchen

doch tatsächlich auch noch ab und zu ein Aah oder Ooh entfleucht.

 

Staunend starren wir auf die Kapitelle, Simse, die Bögen, Säulen und Rosetten und verstehen doch wenig bis garnichts, denn eigentlich interessiert es uns nicht wirklich.

 

Aber nach einem Siena-Besuch muss man ja mitreden können auch wenn man nicht wirklich was zu sagen hat.

 

Doch dieses Gedränge und Getue interessiert den Dom nicht die Bohne. Er weiß um seine Schönheit, Mächtigkeit und Bedeutung und "schaut" so dem Getriebe gelassen zu.

 

Allerdings ist das Innere dieses Bauwerks absolut eine Besichtigung wert. U.a. die Marmorböden mit ihren Mosaiken und die oben von einem umlaufenden Sims auf die Besucher runterglotzenden, in Stein gemeißelten Köpfe ehemaliger Päpste und, und... sind schon eine Wucht.

 

Vor Jahren konnte ich dort noch kostenlos und ungehindert eintreten. Heute ist langes Anstehen vor dem Fremdenverkehrsbüro unumgänglich und das Ticket kostet richtig Geld.

 

Wir sehen auf die Uhr, hören auf unsere Mägen und suchen ein hübsches Restaurant. Garnicht so einfach. Viele sind voll und die nicht so vollen machen uns so richtig auch nicht an. Doch in einer Seitenstraße werden wir alsbald fündig.

 

Stunden später herzlicher Abschied von Christl und Rudi. Sie müssen nach Hause, haben familiäre Verpflichtungen.

 

Helge und ich wenden uns nach Norden. Wir wollen dem Chianti noch unsere Aufwartung machen.

 

Nun, dorthin gibt's zu allererst eine Schnell-, dann eine Land-, zwischendurch eine ungeteerte Erd- und abschließend eine einspurige, steil abwärts führende und deshalb sehr kurvige Nebenstraße. Prima, prima, haben wir sie jetzt wohl alle kennengelernt, diese italienischen Straßen mit ihren "phantastischen" Belägen.

 

Wir brausen durch Castellina in Chianti hindurch und an Radda vorbei und schlagen am frühen Abend unser Lager in Greve auf. Ruhiges Schlafplätzchen am Rande einer Badeanstalt mit Trinkwasser und kompletter VE.

 

Das Zentrum von Greve bildet ein annähernd ovaler, sehr übersichtlicher Platz, gesäumt von Arkaden, unter denen es sich herrlich bummeln lässt. Klar, auch hier gibt's Fremde wie uns. Doch eigentlich sind die Einheimishen noch unter ihresgleichen. Das zeigt sich auch in den Bars, Restaurantes und in den Auslagen der Geschäfte. Helge meint, ich solle unbedingt und besonders auf die tollen hier erhältlichen Lederhandtaschen hinweisen, was ich hiermit tue.

 

Jetzt, 19.00 Uhr, gibt's bei Runges Pizza. Eine herrliche, mit knusprigem Boden und einer Auflage in den Farben dieses Landes. Weit ab von der südichen Tocana wählen wir dazu einen Rosso di Montalcino, denn, sorry, der Chianti hat uns noch nie so recht gemundet.

 

Wir geniessen sehr die jetzt schöne Atmosphäre. Ist doch die Hitze und der Lärm des Tages einer sanften Wärme und einer wohltuenden Stille gewichen.

 

Morgen hauen wir hier ab. Wir fliehen der seit Tagen herrschenden, unerbittlichen Sonne und Hitze. Es wird in einem Rutsch nach Hause gehen und eine Reise mit starken Kontrasten wird ihren Abschluß finden.

 

Jetzt ist es Freitag, die Heimat hat uns wieder und der Himmel ist trüb und grau.

 

Fazit

 

Ich mache es so und ich glaube die Mehrzahl der Reisenden tut es mir gleich.

 

Urlaubserinnerungen unterteile ich in der Regel in die Guten und die Schlechten.

 

Die Guten wandern mit einem dicken Zuckerrand versehen in einen hübschen mit einer fetten Schleife versehenen Karton mit, z.B. der Aufschrift "Italien 1980".

 

Die Schlechten hingegen werden verdrängt, denn ihr Löschen gelingt mir nicht - mein Gehirn ist keine Festplatte und so habe ich bisher vergeblich nach einer AC-Taste gesucht.

 

Möglicherweise sind jedoch die schlechten Erinnerungen die eigentlich Guten. Es sind die ärgerlichen, anstrengenden, schmerzhaften, problematischen Begebenheiten, welche mich in der Regel voranbringen, durch die ich mich weiter entwickle. Aber das will ich nicht im Urlaub, nun gerade wirklich nicht. Da soll/muss alles leicht und flockig laufen, muss einfach schön sein.

 

So mache ich immer mal wieder den Fehler und krame vor einer Reisewiederholung den entsprechend beschrifteten Erinnerungskarton aus den verstaubten Nischen meines Gehirns und das "Unglück" nimmt seinen Lauf. Es gibt nun mal nicht die Wiederholung einer schönen, weil verklärten Vergangenheit in der Gegenwart.

 

So hat sich in Italien für mich einiges geändert.

 

Die einst blühenden Industrielandschaften des Nordens liegen grau und triste da. Bröseln doch die ehemals adretten und leuchtenden Fabrikfassaden leise vor sich hin und der Glaube an eine große Zukunft scheint sich wohl einer gewissen Tristesse hinzugeben.

 

Auch sind die Straße, sofern nicht privat, in einem noch katastrophalerem Zustand und vermiesen einem, vom Aspekt der Verkehrssicherheit mal abgesehen, wirklich die Lust am Autofahren. Der Müll findet sich mittlerweie in schönster Natur und die mehr als überquellenden Müllbehälter zeugen von einer offensichtlichen Unfähigkeit der Kommunen sich dieses Problems anzunehmen. Auch die Gastronomie ist noch immer

überteuert bei einem nüchternen Preis-/Leistungsvergleich und das gilt auch für vieles andere wie Treibstoffe, Stellplätze, Eintrittsgebühren, Coperto usw.

 

Einzig die Menschen und ihre Mentalität, das Essen, das Klima, die Landschaften sind

wie sie waren - einfach hinreißend!

 

Ab sofort sind wir wieder

zuhause-zuhause

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